Erinnerungen an Siegfried Soberger

Wenn ich an Siegfried Soberger, meinen Kollegen, Bruder und Freund denke, höre ich ihn singen. Dem Bergmannssohn aus dem Ruhrgebiet war eine wunderbar helle und angenehm strahlend timbrierte hohe Tenorstimme sozusagen in die Wiege gelegt worden. Er nutzte  diese Gabe von Jugend an bis ins hohe Alter. Ich höre, wenn ich an ihn denke, vor allem Lieder aus „Schemellis Gesangbuch“ und einige „Kleine geistliche Konzerte“ von Heinrich Schütz. Ihnen galt seine besondere Liebe. Soberger war in meinen Jugendjahren mein Gemeindepastor in Hannover. Er empfahl mich für den „Dienst im Predigtamt“, wie das damals in unserer Kirche hieß. In diesen Jahren und auch später noch haben wir manches Mal miteinander musiziert. Zweimal wurde ich sein Nachfolger: als Gemeindepastor in Dortmund (welche Freude für uns beide, dort noch ein Dreivierteljahr zusammen arbeiten zu können, ehe er nach Oldenburg versetzt wurde!). Wenn er Geburtstagbesuche in der Gemeinde machte, gehörte immer ein Ständchen dazu, oft schon im Treppenhaus. Er war auch mein Vorgänger als Leiter des Konferenzchores. Wie oft haben wir im Konferenzchor diesen Text von Arno Pötzsch gesungen: “ Ich will dem Herren singen, so lang ich leb und bin, ihm Lob in Liedern bringen mit dankbar frohem Sinn. Hab ich gleich nichts zu geben, weil Gott allein nur gibt – ich bring im Lied mein Leben dem Schöpfer, der mich liebt.“ Das war das Motto seines Lebens.

Viele seiner launigen Aussprüche bei den Proben am frühen Vormittag sind unvergessen. „Die Ohren sind zum Singen da,“ ermahnte er uns – um nur ein Beispiel zu nennen. Er liebte den Humor, lachte gern und brachte auch andere gern zum Lachen. Siegfried Soberger war ein Christ, der mit seiner den Menschen zugewandten Freundlichkeit die Herzen vieler gewann. Dem CS blieb er – auch durch die Leitung etlicher Gemeindechöre, wenn „Not am Mann war“ -  zeitlebens eng  verbunden, und die Arbeit am neuen Gesangbuch der EmK (2002) begleitete er gemeinsam mit seiner unvergessenen Frau Hella mit großem Engagement. 

Ich bin dankbar, dass ich zu den Freunden des fünfzehn Jahre Älteren gehören durfte. Durch ihn ist mein Leben reicher geworden. Im März  2020 wurde er aus diesem Leben abgerufen. Kurze Zeit zuvor war er 95 Jahre alt geworden: 

„Gegangen ist der Bruder meiner Wahl zu himmlischen Konzerten dort.
Er ist nun eingeschrieben in den Chor und hört das Lied, das unvergleichlich ist,
und sieht den Meister dieses Chores selbst.“
(Charles Wesley auf den Tod des Komponisten Joh. Fr. Lampe)

 

Text: Hartmut Handt
Foto: Siegfried Soberger bei einer Veranstaltung der Gemeinde  Lage 2008. Mit freundlicher Genehmigung von Ingo Althöfer.  Quelle:  https://althofer.de/musical-himmelweit.html

 

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